Vorbildlich geht anders

AKTION Viele Eltern missachten Straßenverkehrsregeln, wenn sie ihre Kinder zur Schule bringen / Kinderschutzbund informiert

„Sie wissen schon, dass sie falsch herum stehen?“, fragt Polizeihauptkommissar Roger Krah mit ruhiger Stimme. Es ist nicht das erste Mal, dass an diesem Dienstagmorgen eine Autofahrerin ihren Pkw auf dem Parkstreifen vor dem Gelben Haus stehen bleibt und beim Einparken die Gegenfahrbahn überquert. „Ja ich weiß, aber ich wollte nur mein Kind schnell ausladen“, antwortet die Mutter mit um Entschuldigung heischendem Blick. „Sie zeigen Ihrem Kind aber genau, wie es falsch ist. Kinder dürfen niemals zur Fahrbahnseite hin aussteigen“, belehrt der erfahrene Leiter des Schottener Polizeipostens die Frau.

verkehrstag-2016Vorbildlich geht anders: Nur wenige Meter vor dem Fußgängerüberweg
hält dieses Auto auf dem Bürgersteig.

Es bleibt bei ermahnenden Worten – dieses Mal. Roger Krah steht auf Einladung der Schottener Ortsgruppe des Deutschen Kinderschutzbundes vor dem Eingang der Grundschule. Einmal pro Jahr, zu Beginn des neuen Schuljahres, machen die Ehrenamtlichen Eltern auf falsches Verhalten beim Bringdienst zur Schule aufmerksam.

Ein anderes Fahrzeug hält auf der der Schule gegenüberliegenden Straßenseite – wenige Meter hinter dem offiziellen Fußgängerübergang – an. Beim Aussteigen – zur Fahrbahnseite hin – strauchelt das Kind und stürzt fast auf die Fahrbahn. Marianne Zimmer, Barbara Velden und Marlies Neumann, die die Kinderschutzbundgruppe vertreten, sind froh, dass da nichts Schlimmeres passiert. „Wir erleben solche Situationen jedes Jahr, viele Eltern sind diesbezüglich wenig lernfähig“, meint Marianne Zimmer, die als Vorsitzende die Aktion schon seit vielen Jahren begleitet. Polizeihauptkommissar Krah hat viel Arbeit. In einem Auto ist ein Kind nicht angeschnallt, ein anderer Grundschüler will bei Rot die Straße überqueren.

Wenig später hält ein Auto auf dem breiten Bürgersteig vor der Schule an. Auf die Frage von Marianne Zimmer, ob der Vater ihn immer an dieser Stelle rauslasse, antwortet der Junge mit einem ehrlichen „Ja“.

Da das Anhalten und Kinder Ausladen auf dem Bürgersteigstreifen zwischen der Ampel und der Einmündung in die Ludwigstraße schon immer ein Problem war, hatte die Stadt Schotten auf Bitten der Grundschule und des Kinderschutzbundes im vergangenen Jahr dort drei große Blumenkübel platziert, um das Kurzparken beziehungsweise Anhalten zu unterbinden. Mittlerweile sind die Kübel wieder verschwunden. „Zwei wurden kaputt gefahren, der dritte wurde vorsorglich wieder entfernt“, berichtet Marianne Zimmer.

„Keine Zeit“, das ist das beliebteste Argument, wenn sich Eltern nicht an die Straßenverkehrsordnung halten. Manchmal ist es aber auch einfach Bequemlichkeit. Ein Vater, der bei Rot den Fußgängerüberweg quert, erklärt fix: „Mein Kind hat es ja nicht gesehen.“ Vorbildliches Verhalten sieht anders aus.

Natürlich gibt es nicht nur Sünder an diesem Morgen. Einige Kinder werden von ihren Eltern gebracht, bei der Straßenüberquerung wird gewartet, bis die Ampel auf Grün springt. Andere Kinder kommen allein, drücken den Ampelknopf und gehen dann – bei Grün – ungefährdet über die Straße.

Für den elterlichen Bringdienst gibt es einige grundlegende Verhaltensregeln. Neben der Anschnallpflicht müssen Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr, sofern sie nicht größer als 1,50 Meter sind, in einem Kindersitz oder einer entsprechenden Sitzschale befördert werden. Der Gesetzgeber scheibt für das Kind „geeignete Rückhaltesysteme vor“, wobei vornehmlich das Gewicht und somit in erster Linie das Alter entscheidend sind. Zur guten Sicherung sind grundsätzlich drei Kindersitzmodelle geeignet: eine Babyschale, ein Kindersitz für Kleininder und ein Kindersitz für Kindergarten- und Schulkinder. Ob ein Kindersitz ohne Vorbehalte einsetzbar ist, erkennt man an einer fest am Sitz angebrachten orangfarbenen Prüfplakette.

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Quelle Text & Bild: Weil, Kreisanzeiger vom 14.9.2016