KINDERRECHTE Kinderschutzbund Schotten wünscht sich Verankerung im Grundgesetz / Familien in Krisensituationen stärken
Es erscheint so selbstverständlich, was in der Internationalen UN-Kinderrechtskonvention steht, die 1990 in Kraft getreten ist: Kinder haben ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung, auf körperliche und seelische Gesundheit, Bildung und Ausbildung, auf Spiel und Freizeit, auf gewaltfreie Erziehung im Sinn des Friedens und der Gleichberechtigung, auf Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause. Warum dann der heutige „Welttag der Kinderrechte?“ Der Kreis-Anzeiger sprach mit Marianne Zimmer, Vorsitzende des Kinderschutzbunds Schotten (KSB) und seit langen Jahren ehrenamtlich in Kinderschutzaufgaben der Region aktiv.
Ist der Tag der Kinderrechte eine Pflichtübung oder Notwendigkeit?
Zimmer: An die Inhalte der Kinderrechtskonvention zu erinnern, ist absolut notwendig. Auch in unserem Land, nicht nur in der Dritten Welt. So wünschen wir KSB-Mitglieder uns die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz und in die Länderverfassungen, um in der Öffentlichkeit diese Rechte zu stärken.
Die Polizeistatistik in Deutschland verzeichnete 2013 allein 3525 Fälle von Kindesmisshandlung, dazu kommt eine weit höhere Dunkelziffer. Was nützt es einem vernachlässigten, einem misshandelten oder missbrauchten Kind, wenn seine Rechte im Gesetzbuch stehen?
Zimmer: Die Verankerung im Gesetz und die Reflexion am heutigen Tag können an das Wichtigste erinnern: Kinderschutz ist Aufgabe der unmittelbaren Familie, aber auch der gesamten Zivilgesellschaft. Kita-Teams, Lehrerkollegien, aber auch Nachbarn und Freunde sollten darauf achten, dass es Kindern gut geht, dass Familien in Not- und Krisensituationen gestärkt werden müssen – nicht im Sinne von Denunziation, sondern von Rat und Hilfe.
Wo finden größere Kinder, die aktiv Hilfe suchen können, ihre Rechte?
Zimmer: In der Schule und in den Medien sollten Kinder immer wieder über ihre Rechte informiert werden. Darüber hinaus sind vertrauenswürdige Gesprächspartner wichtig, wobei Kinder solche mit einer gewissen Distanz suchen, also eher Vertrauenslehrer der Schule, Vertreter des KSB als etwa den Klassenlehrer. Insbesondere die Mädchen lassen sich gern von einer Freundin begleiten, wenn sie mit uns Probleme besprechen wollen. Sie wissen, dass wir unter Schweigepflicht stehen, dass wir nur mit ihrer Genehmigung Informationen weitergeben. Hilfreich kann auch das Kinder- und Jugendtelefon mit der Nummer 0800/1110333 sein. Die Anrufe dort sind kostenfrei, die Berater geschult, auf Wunsch können die Ratsuchenden mit einem jungen Erwachsenen sprechen. Die Nummer erscheint nicht auf der Telefonrechnung der Eltern. Auch die Jugendämter sind Ansprechpartner bei Problemen, aber vor Behörden haben viele Jugendliche zunächst Scheu, suchen vorher eine Begleitperson.
Ist grundsätzliche jeder Konsumwunsch, jede Serviceanforderung von Kindern und Jugendlichen ein unantastbares Recht?
Zimmer (lacht): Nein. In einem partnerschaftlichen Familiendialog müssen die Rechte beider Generationen ausbalanciert werden, auf einer Basis der gegenseitigen Achtung und des Dialogs. Dabei lernen Kinder und Jugendliche, intelligente Kompromisse zu entwickeln, die beiden Seiten nützen. Oft haben wir mit Familien zu tun, wo dieser faire Dialog abgerissen erscheint, wo Hilfe von außen sinnvoll sein kann, um wieder aufeinander zuzugehen.
Quelle: Kreisanzeiger, 20.11.2014