Familienpaten verschaffen Eltern Verschnaufpausen

Unterstützung, Hilfe und Freundschaft bei Familienpatenschaften: Pädagogin Andrea Stuhl von der Caritas zusammen mit der ehrenamtlichen Familienpatin Marianne Zimmer. Foto: ls

Unterstützung, Hilfe und ein offenes Ohr: Marianne Zimmer ist Familienpatin der Caritas und leistet dabei ehrenamtlich eine beachtliche Arbeit

Wenn ein Baby auf die Welt kommt, beginnt für viele Eltern ein neuer Lebensabschnitt. Großes Glück, aber gleichzeitig auch eine Veränderung und mehr Verantwortung – und diese Umstellung kann frischgebackenen Eltern nicht nur Geduld und Zeit, sondern auch Nerven kosten. Mit solchen Situationen kennt sich Marianne Zimmer nur zu gut aus. Als Familienpatin der Caritas hilft sie dort, wo Hilfe nötig ist.

Seit gut einem Jahr verbringt Marianne Zimmer viel Zeit mit ihren Patenfamilien. Zimmer ist eine Familienpatin des Projektes Familienpatenschaften im Vogelsberg, das das Caritaszentrum im Vogelsberg ins Leben gerufen hat.

Familienpatenschaften im Vogelsberg ein von Ehrenamtlichen getragenes Hilfsangebot

„Mit einem Baby kann sich das Leben einer Familie ganz schön verändern. Aus diesem Grund hat das Caritaszentrum 2012 die Familienpatenschaften ins Leben gerufen. Das Ganze läuft über die Initiative „Netzwerk Leben“, die vom Bistum Mainz durch Kardinal Lehmann gegründet wurde“, erklärt die zuständige Diplom-Pädagogin Andrea Stuhl von der Caritas.

Schwangere, Mütter und/oder Väter mit Kindern bis zu drei Jahren, die sich in dieser veränderten und vielleicht auch belastenden familiären Situation Hilfe und Unterstützung wünschen, können somit durch die ehrenamtlichen Familienpaten im Alltag entlastet und individuell begleitet werden. Dabei handele es sich um völlig unterschiedliche Familien. „Jeder darf zu uns kommen, egal ob Alleinerziehende, Familien, mit einem oder mehreren Kindern. Oft kommen auch Familien, in denen ein Elternteil viel arbeiten muss oder vielleicht sogar schlimm krank ist – auch da stehen wir gerne zur Seite“, erklärt Stuhl.

Vielseitiges Unternehmungsprogramm mit den Familien

„Die Paten besuchen die entsprechenden Familien regelmäßig und übernehmen dort verschiedene Aufgaben, die wir vorher gemeinsam festgesetzt haben. Diese Unterstützung kann unterschiedlich ausfallen: Mit den Kindern Spielen, ihnen vorlesen, zum Arzt oder zu Behörden begleiten, die Kinder betreuen, während die Eltern Termine wahrnehmen, den Eltern eine Verschnaufpause verschaffen – oder einfach nur zuhören – das wird je nach Bedarf der Familien festgelegt“, erklärt die Diplom-Pädagogin die Aufgaben eines Familienpaten. Haushaltshilfen seien die Paten allerdings nicht, der Fokus liege speziell auf den Kindern.

„Man backt mit den Kindern und kocht auch mal zusammen mit ihnen oder macht Hausaufgaben mit älteren Geschwisterkindern. Man geht auf den Spielplatz oder unternimmt etwas mit ihnen zusammen. Ich war beispielsweise schon im Vogelpark Schotten“, erzählt die Schottenerin Marianne Zimmer, die ganz nebenbei auch noch mehrere Ehrenämter in Schotten inne hat. Momentan betreut sie, selbst Mutter von drei erwachsenen Kindern, zwei Familien – eine alleinerziehende Mutter und eine Flüchtlingsfamilie als Familienpatin. Zwei Aufgaben, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Zwei Familien – zwei unterschiedliche Aufgaben

Einmal in der Woche besucht Zimmer eine alleinerziehende, dreifache Mutter, die erst seit Kurzem von einer Großstadt in ein kleines Dorf im Vogelsberg gezogen ist. „Hier ist es wichtig, dass ich Prozesse anstoße und als Ansprechpartner der Mutter fungiere“, erklärt Zimmer und weiter: „Ich mache ihr verschiedene Vorschläge und unterhalte mich mit ihr. Sie selbst hat fast keinen Kontakt zu anderen Bewohnern des Dorfes. Ich verhelfe ihr ein bisschen zu Selbsthilfe. Ich dränge sie nicht zu irgendwas, sondern mache Vorschläge – der Rest liegt an ihr.“ Ansonsten spiele sie oft mit den Kindern und geht mit ihnen auf den Spielplatz. Der Bedarf ist dabei individuell unterschiedlich – das Wichtigste: Familienpaten schaffen Vertrauen.

„Oft verbinden die Familien mit einem Hilfsangebot anderer etwas Negatives – gerade wenn es um Hilfe vom Amt geht“, erklärt Stuhl und weiter. „Durch solche Angebote wie die Familienpatenschaften können Vorurteile entkräftet und den Familien die Tür zu anderen Angeboten geöffnet werden. Immer vorausgesetzt sie möchten das auch.“

Eine ganz andere Arbeit kam auf Zimmer in einer Flüchtlingsfamilie zu. Gerade in Flüchtlingsfamilien sei der Bedarf an Familienpaten in den letzten Jahren angestiegen. Für Zimmer gab es dabei einiges zu tun: „Eine Familie mit fünf Kindern – zweimal Zwillinge. Das fordert eine Menge Organisationstalent. Die Familie besuche ich zwei- bis dreimal die Woche für ein bis zwei Stunden, weil der Bedarf hier viel höher ist. Da geht es auch nicht unbedingt darum, mich mit den Kindern zu beschäftigen, sondern eher darum, gemeinsam Behördengänge zu absolvieren. Wir haben eine neue Wohnung gesucht, Arztgänge absolviert – eines der Kinder war krank – und bin praktisch ihr Vermittler in Deutschland.“

Nicht nur Patin, sondern fast schon Familienmitglied

Das sei nicht nur für die Flüchtlingsfamilien von Vorteil, sondern auch für die Patin eine Möglichkeit, eine neue Kultur kennenzulernen. Zwar überschreite der zeitliche Rahmen hier das Übliche, doch liege das in der Natur der Sache. „Ich helfe ihnen beispielsweise dabei sich um die Aufenthaltsgenehmigungen zu kümmern, das beansprucht natürlich viel Zeit“, erklärt die Schottenerin. Doch merke sie auch, dass ihre Arbeit bei der Familie ankommt und es somit eine gute Mischung aus Integration und Tradition sei. „Ein wirklich gelungenes Beispiel für Integration“, ergänzt Stuhl „Sobald der Vater seinen Deutschkurs beendet hat, wartet bereits ein Praktikumsplatz mit einem in Aussicht gestellten Arbeitsvertrag.“

Zuhörer, Kinderbetreuer, Spielpartner, Entlastung, Hilfestellung: Das alles sind Spaten, in denen sich die Familienpaten der Caritas einordnen lassen. „Es ist einfach schön. Man wird so herzlich aufgenommen und gehört schnell dazu, egal ob für die Eltern oder für die Kinder. Man wird zum Essen eingeladen, auf Taufen oder Geburtstage. Man hat die Chance eine Familie ein Stück weit zu begleiten, zu unterstützen und gleichzeitig auch ein bisschen dazuzugehören. Man spürt die Freude der einzelnen Familienmitglieder, wenn man kommt und das ist unbezahlbar“, so Zimmer abschließend. Aus diesem Grund lasse sie auch bei Wind und Wetter keinen Termin ihrer Familienpatenschaft ausfallen.

Auch Sie möchten Familienpatin werden? Oder sich eine/n Familienpatin/en gönnen?

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Das Caritaszentrum im Vogelsberg sucht immer wieder neue Familienpaten, die sich ehrenamtlich für Familien einsetzen möchten. Jeder kann Familienpate werden. Jeder, der Interesse hat mit Familien und kleinen Kindern zu arbeiten. Dazu gibt es von der Caritas eine Grundqualifizierung und verschiedene Fortbildungs-Angebote, die man regelmäßig besuchen kann. Demnächst findet ein Kurs Erste-Hilfe am Kinde statt.

Bei Interesse melden Sie sich bei Frau Andrea Stuhl unter: a.stuhl@caritas-giessen.de oder unter der 06631/776510

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Quelle: Oberhessen-Live, 27.1.2017